Otto Schenk, Schauspieler & RegisseurIch bin an ein Theater engagiert worden, das Volkstheater, das ich nicht leiden konnte. Ich war neidig, weil andere die Rollen gespielt haben, die ich gerne gespielt hätte. Ich war dort zutiefst unglücklich. Und der einzige Mensch, der vom Haus war und zu mir so väterlich liebenwürdig war, war der Gustav Manker. Für mich war er eine väterliche Freundesfigur. Wobei er einen Ruf hatte als strenger, fast zynisch-böser Mensch. Also nicht „böser“ Mensch, aber er konnte zynisch und streng und ekelhaft sein – und war das zu mir so gar nicht. Und das habe ich als erste große Bevorzugung am Theater empfunden – denn ich war ja nix. Er hatte eine dramaturgische Genialität. Er wusste genau, was ein Stück soll, wo ein Stück falsch ist, wo ein Stück Schwächen hat, was man machen könnte und was man herausarbeiten muss. Und außerdem war er ein grandioser Bühnenbildner. Das vergisst man ja! Er hat mein erstes Nestroy-Bühnenbild gemacht, mir zuliebe, weil ich ihn damals sehr darum gebeten habe, das war „Umsonst“ an der Josefstadt. Weil ich mir ein solches unkitschiges Bühnenbild gewünscht hab, wie nur er das damals konnte. Man hat ihn immer die graue Eminenz genannt, auch in Epps Zeiten. Er war von Haus aus ein Leader, wie man sagt, eine Respektsperson. Man konnte den Manker nicht anschreien. Man konnte eventuell gerade noch streiten. Er war schon eine große Autorität – und blieb das auch. Wenn der Manker etwas gut gefunden hat, hat er knurrend und fast etwas unfreundlich mit listigen Augen gesagt: „Sehr gut.“ Und da ist man natürlich zwei Tage stolz herumgegangen. Oder wenn er nach der Premiere von irgendeinem Sommerstück gekommen ist und gesagt hat: „Der einzig Gute ist der Schenk in dem ganzen Blödsinn.“ Solche Sätze waren wie ein Orden, mit Stolz getragen: Das hat sogar dem Manker gefallen!
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